DIE IDEE!

 

IM NOVEMBER 2009 FASSTEN WIR (ANNA UND CARSTEN) DEN ENTSCHLUSS, UNSERE GEWOHNTE UMGEBUNG, UNSERE WOHNUNG UND UNSERE JOBS AUFZUGEBEN, UM MIT DEM FAHRRAD FÜR 1-2 JAHRE DURCH DIE WELT ZU RADELN. DABEI HABEN WIR UNS MÖGLICHST WENIG FESTLEGT, WOHIN DIE REISE GEHEN SOLLTE. AUCH HATTEN WIR KEINEN FESTEN TERMIN, BIS WANN WIR ZURÜCK SEIN WOLLTEN. ALLEIN DIE EINFLÜSSE AUF UNSERER REISE BESTIMMTEN UNSEREN WEG.

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Unterstützt von:

 

RADHaus Leipzig (sehr netter und kompetenter Laden)

 

 

 

TAGEBUCH: SCHWEDEN 09.06 - 08.07.2011

09.06.2011

-NYNÄSHAMN/ S

 

STRECKE: 550 KM MIT FÄHRE UND RAD

 

SUNSET: 21:52 UHR

 

Flucht

Die Fahrt auf der Fähre war recht angenehm. Pünktlich 13.00 Uhr legen wir im Hafen von Nynäshamn (Schweden) an. Als erstes werden wir von einem Lidl begrüßt. Wir nutzen die Gelegenheit und machen einen Preischeck. Wir sind positiv überrascht. Sicher, es ist teurer als in Polen aber vergleichbar mit Deutschland. Als nächstes besorgen wir uns Schwedische Kronen und fahren zum ersten Campingplatz. Der ist kein Schnäppchen. Erst müssen wir eine skandinavische Campingcard kaufen, dann kostet die Nacht 22,- Euro. Wir bauen trotzdem unser Zelt auf und ahnen noch nichts Schlimmes. Erst als die vor uns stehende Openairbühne anfängt Soundchecks zu machen, werden wir hellhörig. Ausgerechnet heute findet eine Bigparty statt. Unser Zelt steht ca. 50m hinter dieser Bühne, auch wenn wir uns langsam als Partymuffel outen aber das geht ja gar nicht. Wir beschweren uns an der Rezeption, die es wieder mal verpasst hat, uns darauf hinzuweisen, verlangen unser Geld zurück und packen wieder zusammen (18.00 Uhr). Wir fahren aus der Stadt raus und suchen nach einem geeigneten Plätzchen zum Wildcampen. Beim dritten Anlauf finden wir eins, direkt am See im Wald gelegen. Wir haben uns ca. 3 km (Luftlinie) vom Campingplatz entfernt und selbst hier hören wir noch hin und wieder die Musik der Party, dann schlafen wir ein und genießen eine herrlich ruhige Nacht.

10.06.2011

-STOCKHOLM/ S

 

STRECKE: 94 KM

HÖHENMETER: 1022 M

WIND: 2

WETTER: SONNE, 19-30 GRAD

 

SUNSET: 22:00 UHR

Stockholm

Wir folgen dem Nynäsleden nach Stockholm, so gut es geht. Die Beschilderung ist teilweise lückenhaft. Die Landschaft zeigt sich wie erwartet leicht hügelig mit Wald, Wiesen, Seen und rotbraunen Holzhäusern. An einem der Seen machen wir Pause und nehmen ein kleines Bad. Kurz vor Stockholm kommen wir an einem großen Sportladen vorbei. Wir nutzen die Gelegenheit und drehen bei mir das hintere Ritzel und tauschen die Pedalen schon wieder aus. Stockholm selbst ist eine sehr pulsierende Stadt. Es gibt jede Menge Radwege, es ist schon ein richtiges Wirrwarr. In der Innenstadt treffen wir auf zahllose Fußgänger und Radfahrer. Wir saugen im Vorbeigehen und -fahren so viele Eindrücke wir möglich auf. Der erste Eindruck gefällt uns sehr gut. Die Stadt ist abwechslungsreich, chaotisch, lebendig. Es wimmelt von interessanten Gebäuden, kleinen Gassen und Brücken. In einem Fahrradladen in der Stadt finden wir Brooks Sättel, ausgerechnet der Sattel den wir gesucht haben, ist im Angebot, wir schlagen zu. Wir sind gespannt, ob der Sattel so gut ist, wie sein Ruf.

14.06.2011

-UPPSALA/ S

 

STRECKE: 60 KM

HÖHENMETER: 479 M

 

SUNSET: 22:08 UHR

Es kann nicht jeder Tag super sein

Es kann nicht jeder Tag super sein. Heute lag es wohl an weitläufigen Vorstadtgebieten, die eine große Stadt wie Stockholm mit sich bringt, den teils viel befahrenen Straßen und meiner noch sehr geschwächten Verfassung. Die letzten 3 Tage durfte ich meine Matratze rund um die Uhr bewachen, wegen eines verdorbenen Magens. Woher das Übel kam, wissen wir nicht. Einziger Lichtblick war ein kleines ländliches Gebiet vor Uppsula, wo uns plötzlich 5 Augenpaare durch zottliges Fell fragend anstarren "Was seit denn ihr?". Wir würden auf ein Bisentweibchen mit 4 Jungen tippen. Auch die vielen Pferde am Wegesrand beäugen uns oft sehr misstrauisch. Manchmal erschrecken sie sich vor uns, wenn wir so leise daher geradelt kommen und springen auf. Die 60 km schleppe ich mich so dahin. Wenigstens ist es im Vergleich zu den letzten 3 Tagen schon richtig gut. Das lässt doch hoffen...

15.06.2011

-BORGARBO/ S

 

STRECKE: 51 KM

HÖHENMETER: 310 M

 

SUNSET: 22:14 UHR

Uppsala

Der heutige Tag war auch noch nicht besser. In Uppsala werden wir von einem starken Regen überrascht und flüchten zu McDonald, unschlüssig was wir machen sollen. Wir sitzen den Regen aus und nutzen dabei das kostenlose Internet. Uppsala ist mit seinen 200.000 Einwohner schon die viert größte Stadt Schwedens und Richtung Norden die letzte Stadt in dieser Größe. Hinter Uppsala wird es schneller als erwartet sehr ruhig. Es gibt nur noch einzelne Häuser, ein paar Felder, Wiesen, Wald und Seen. Auf 40 Kilometer kommt auch keine einzige Möglichkeit mehr zum Einkaufen. Ich schleppe mich mit letzter Kraft zum Zeltplatz, der mitten in der Pampa an einem See liegt, wie sollte es anders sein. Jeder Kilometer ist hart erkämpft. Anna macht sich schon Sorgen, dass ich einfach vom Rad falle. Viel hat teilweise auch nicht gefehlt. Unser Zelt schlagen wir, umringt von hunderten Midges auf. Draußen ist es einfach nicht zum Aushalten. Wir kochen schnell unser Essen, in der Campingküche des Zeltplatzes und verschwinden im Zelt.

16.06.2011

-NÄS BRUCK/ S

 

STRECKE: 60 KM

HÖHENMETER: 245 M

 

SUNSET: 22:20 UHR

Monoton schön und ruhig

Der Tag fängt gut an. Ich fühle mich so gut wie lange nicht mehr und so fahren wir auch heute weiter. Das Gefühl täuscht nicht, die ersten 20 km laufen wie geschmiert. Ein herrliches Gefühl. In Heby, der einzigen Stadt auf unserem Weg heute, erledigen wir unseren Einkauf. Daran müssen wir uns wohl gewöhnen und auch gezielt schauen, wo wir als nächstes einkaufen können. Die Abstände betragen hier schon ca. 50 km und werden weiter nördlich eher noch größer. Die Landschaft ist monoton schön und ruhig. Eine Ruhe, die man so gar nicht mehr kennt. Wenn kein Wind geht, hört man einfach mal gar nichts. Kaum ein Mensch oder Auto begegnet uns. Die Autos, die uns begegenen sind dafür aber sehr interessant. Liebevoll restaurierte und gepflegte Oldtimer, die bei uns höchstens noch im Automoblimuseum stehen. Es sind auffällig viele, die hier noch herum fahren. Die Abwechslung hält sich sonst in Grenzen. Es ist eher eine Aneinanderreihung der immer selben Komponenten. Wir fühlen uns schon jetzt ganz schön einsam hier. Was soll das erst im Norden werden?

18.06.2011

-BORLÄNGE/ S

 

STRECKE: 95 KM

HÖHENMETER: 780 M

 

SUNSET: 22:30 UHR

Geselliger Abend

Die letzten Tage vergehen leider nicht wie im Flug, auch wenn wir ganz gut vorrangekommen sind. Mit dem Wetter haben wir einigermaßen Glück. Den einzigen Regentag sitzen wir aus, an den anderen Tagen gibt es höchstens mal einen kleinen Schauer. Die Landschaft ist sehr gleichbleibend. Wir fahren an endlosen Wäldern, ab und zu einem See und rotbraunen Holzhäusern mit weißen Fensterrahmen (ist das hier Vorschrift???) vorbei. Das war´s. Bei so wenig Abwechslung vergehen die Kilometer nur sehr langsam. So richtig fit bin ich (Carsten) auch noch nicht. Die Kilometer von Stockholm nach Mora werden so für mich zu den schwersten der gesamten Tour. Einzig ein geselliger Abend zu fünft auf einem Campingplatz bei Borlänge ist eine sehr nette Abwechslung. Noch 2 Tage dann sollten wir endlich Mora erreicht haben, von dort aus wollen wir mal wieder mit dem Zug fahren.

19.06.2011

-MÁNGBERG/ S

 

STRECKE: 77 KM

HÖHENMETER: 753 M

 

SUNSET: 22:37 UHR

Lifestyle

Bitte nicht zu ernst nehmen... Den Schweden fehlt es ein bisschen an Lifestyle. Zwischen den größeren Orten gibt es so gut wie nichts. Keine öffentlichen Plätze, keine Cafes oder Restaurants oder sonstiges wo man Zeit mit anderen verbringen könnte. Die Schweden leben wohl auch eher zurückgezogen. Ein holländischer Zeltplatzbetreiber erzählt uns, dass sich das ganze Leben von Ende Juni bis Anfang August abspielt. Danach igeln sich die Schweden ein und bereiten sich auf den langen Winter vor. Es hat auch sehr lange gedauert, bis sich die wenigen Nachbarn den Neuankömmlingen geöffnet haben. Wenn das Eis erst einmal gebrochen ist, sind sie aber sehr nett und hilfsbereit. In den "größeren" Orten, in denen es tatsächlich mal ein paar Läden und ein bis zwei Restaurants gibt, tobt auch nicht wirklich der Bär. Die Erwachsenen sind sehr ruhig, dafür sind die Teenager durch geknallt (Punker Frisuren, eigenwillige Kleidung, auch schon mal schreiend durch die Gegend rennen ist dabei). Ich kann es fast verstehen, wenn ich hier leben müsste, würde ich auch wahnsinnig werden . Es kann doch tatsächlich auch zu ruhig sein (Carsten).

20.06.2011

-ÖSTERSUND/ S

 

STRECKE: 51 KM

HÖHENMETER: 341 M

 

SUNSET: 23:12 UHR

Erlebniszugfahren

Der Zug ist unsere Rettung und ein Erlebnis. Es ist nur ein winziger Zug mit 2 Waggons von einer privaten Zuggesellschaft (Inlandsbanan). Der Zugführer und die Zugbegleiterin fassen beide mit an, um unsere Räder in den Zug zu hieven. Der hintere Eingang ist damit zwar durch unsere Räder versperrt aber alles kein Problem. Immer mal wieder fährt der Zug ganz langsam, damit man Fotos machen kann. In Englisch wird uns viel über Land und Leute, die Geschichte der Bahnlinie und von Menschen die entlang dieser Strecke leben oder lebten erzählt. Einmal bleiben wir mitten im Wald stehen und dürfen einen kleinen Weg hinein laufen zu einer verlassenen Bärenhöhle. Wir fahren durch Wald, Wald und noch mal Wald. An einer handvoll kleinen Orten kommen wir auf ca. 350 km vorbei. Es gibt eine Essenspause. Der Zug hält einfach 40 min in einem Bahnhof und man kann die Zeit nutzen, um etwas Essen zu gehen. Wobei Bahnhof nicht das richtige Wort ist. Der Zug hält neben einem Haus mit Restaurant. Zum Schluss singt die Zugbegleiterin noch eine regionale Hymne. So erreichen wir ganz entspannt Östersund.

22.06.2011

-LILLHOLMSJÖ/ S

 

STRECKE: 69 KM

HÖHENMETER: 508 M

 

SUNSET: 23:25 UHR

SUNRISE: 02:42 UHR

Langsam wird's

Nach einem Tag Ruhe und den organisatorischen Dingen, wie einkaufen und Wäsche waschen, kann es jetzt in die Weiten Nordschwedens gehen. Die Taschen haben wir uns ordentlich voll gehauen. Die nächsten 2 Wochen könnten wir so fast ohne jeden Laden überstehen. Die Landschaftseindrücke steigern sich langsam. Wir können die ersten Berge in der Ferne sehen, teils mit Schneefeldern bedeckt. Unsere Höhe pendelt zwischen 300 und 400 Metern über Null. Immer wieder gibt es jetzt Lücken zwischen den Bäumen, so dass man auch mal durch oder drüber hinweg schauen kann bei dem ganzen Wald. Wir wechseln uns heute aller 5 km mit dem Vornfahren ab. Das schont unsere Kräfte und bringt etwas Abwechslung. In Lillholmsjö, einem kleinen verschlafenen Nest mit 5 Häusern, finden wir nicht nur einen sehr idyllischen kleinen Zeltplatz, sondern auch einen Laden. Wir erfahren ebenso, dass es in vielen Orten hier kleine Läden mit dem Notwendigsten gibt. Mist, wozu schleppen wir das ganze Zeug mit uns rum.

23.06.2011

-JULE/ N

 

STRECKE: 91 KM

HÖHENMETER: 770 M

 

SUNSET: 23:39 UHR

SUNRISE: 02:33 UHR

Kurz vor knapp

Wir lassen uns heute Morgen mehr Zeit mit dem Zusammenpacken, denn Licht haben wir nun lange genug. Theoretisch könnten wir auch nachts fahren, die Sonne geht zwar noch kurz unter aber so richtig dunkel wird es nicht mehr. Es ist wettertechnisch ein super Radtag. Sonne und Wolken wechseln sich ab. Die Anstiege werden allmählich wieder länger und bieten oben angekommen schöne Aussichten. Die Seen sind sehr langgestreckt und so kann man schon mal 15 bis 20 km an ein und dem selben See entlang radeln. Wir steuern einen Zeltplatz kurz vor der norwegischen Grenze an aber der gefällt uns nicht und so fahren wir weiter. Im ersten norwegischen Ort fragen wir in einem Supermarkt nach Campingmöglichkeiten. Eine Mitarbeiterin erklärte uns ein "very nice place" unterhalb eines Wasserfalls nicht weit entfernt. Wir machen uns sofort auf die Suche und finden das hübsche Plätzchen an einem Fluss gelegen. Eine schwarze Wolkenwand veranlasst uns, das Zelt schnellstens aufzubauen. Wir schaffen es gerade noch unsere Sachen ins Zelt und unters Tarp zu stellen, bevor der Regen losbricht. Nach ca. 2h ist das Spektakel vorbei. Etwas Gutes hatte der Regen. Er hat die Mücken eine Weile fern gehalten, so dass wir unterm Tarp einigermaßen in Ruhe kochen konnten. Ich springe noch schnell in den Fluss, denn waschen muss ich mich, egal wie kalt das Wasser ist und ab in den Schlafsack. Carsten springt dagegen direkt in den Schlafsack, mit den Worten "Ich fürchte die Wassertemperatur liegt leicht unter meinem Wohlfühlbereich."

24.06.2011

-GÄDDEDE/ S

 

STRECKE: 75 KM

HÖHENMETER: 672 M

 

SUNSET: 23:47 UHR

SUNRISE: 02:23 UHR

Ein tierischer Tag

Wildcampen ist immer gaaaaanz toll. Jedenfalls ist es laut vieler Radfahrer immer ganz unkompliziert. Finde ich (Anna) auch, wenn es nicht so viele Mücken und Midges geben würde, die einen auch beim Toilettengang keine Sekunde in Ruhe lassen. So darf ich mit mehreren Stichen am Hintern in den Tag starten. Und das juckt so furchtbar. Nach den ersten Metern auf dem Seitenweg, der uns auf unsere Straße zurück führt, dürfen wir, wir können es kaum glauben, einen Elch am Wegesrand sehen. Ein kräftiges Tier mit der typischen überhängenden Oberlippe. Was ich ja so niedlich finde. Unser erster Elch. Der Tag beginnt vielversprechend. Wir überwinden einige Höhenmeter und die ersten Feuchtwiesen und Hochmoorlandschaften zeigen sich. Mit den Bergen im Hintergrund eröffnen sich schöne Landschaftsbilder. Nach dem Elch entdeckt Anna einen großen Fuchs in einer der Wiesen. Etwas später sehen wir noch ein meerschweinartiges Tier, welches schnell unter einen Stein flüchtet, in der Hoffnung wir hätten es nicht gesehen. Als wir den Stein hoch heben, protestiert das Tierchen laut quiekend und tritt erneut die Flucht an. Ein tierischer Tag. Uns bläst ein ziemlich kalter Wind entgegen, dem wir erst kurz vor Nordli den Rücken zuwenden können, da wir Richtung Gäddede wollen und damit wieder in Schweden sind. In Gäddede finden wir einen kleinen und sehr schön gelegenen Zeltplatz. Ich freue mich auf einen entspannten Toilettengang und Carsten auf eine heiße Dusche ;).

26.06.2011

-VILDMARKSVÄGEN/ S

 

STRECKE: 70 KM

HÖHENMETER: 967 M

 

SUNSET: 00:00 UHR

SUNRISE: 02:10 UHR

Auf dem Vildmarksvägen

Nach dem wir in den letzten Tagen sogar die Handschuhe rausholen durften, bringt der Südwind wärmere Luft und nach Regen sieht es auch nicht mehr aus. So starten wir guter Dinge und mit großen Erwartungen in den Tag. Wird doch die heute vor uns liegende Straßen, als Traumstraße in unserem Radreiseführer bezeichnet mit "Diese kaum befahrene, schmale Asphaltstraße führt durch eine Wildmark wie aus dem Bilderbuch: Stromschnellen, Tundra, Rentierherden... Tolle Ausblicke, da die Straße oft über der Baumgrenze verläuft." Na, solch eine Straße können wir uns doch nicht entgehen lassen. Die Straße führt uns immer weiter in die Berge hinein. Es geht rauf und runter immer munter. Über die Bäume können wir immer mal wieder drüber schauen aber über die Baumgrenze schaffen wir es auch heute noch nicht. Flüsse und Seen begleiten uns und auch kleine Wasserfälle bereichern das Landschaftsbild. Wir sagen es noch einmal. Schweden hat unglaublich viel Wald. Die Weite und Menschenleere ist gewöhnungsbedürftig. Riesige Gebiete sind ohne jede Straße und Weg. Einfach nur Natur pur über dutzende von Kilometern. Höchstens zu Fuß und mit viel Aufwand könnte man tiefer in diese Gebiete vordringen. Die Straße bekannt als Vildmarksvägen ist eine der wenigen, die recht nah an die Skanden heranführt und auch ein Stück hindurch.

27.06.2011

-VILDMARKSVÄGEN/ S

 

STRECKE: 104 KM

HÖHENMETER: 705 M

 

SUNSET: 23:52 UHR

SUNRISE: 02:06 UHR

Tundra  

Das schönste Stück unserer Teiletappe liegt nun vor uns. Bei moderatem Anstieg fahren wir die restlichen Höhenmeter über die Baumgrenze. Dabei kommen wir an einigen Hütten der Samen vorbei. Auch die kleinen Birken verschwinden langsam und geben eine wunderschöne Hochebene frei, die von vielen kleinen glasklaren Bächen durchzogen wird. Kleine Schneefelder liegen auf den nicht weit entfernten Hügeln und Bergen. Es ist ganz still hier oben und wir können über eine Weite schauen, die uns überwältigt. Wir fahren ganz langsam und können gar nicht genug sehen. Unsere Mittagspause ziehen wir vor und laufen von der Straße ein Stück hinein. Wir haben einen schönen Blick über die Berge und einen sprudelnden Gebirgsfluss unter uns. Wir sitzen auf einem weichen Untergrund aus Moos, Flechten und Beerensträuchern. Wir genießen einfach nur. Als wir weiter fahren, kommen wir an einer großen Rentierherde vorbei. Leider ist dieses wirklich traumhafte Stück viel zu kurz und nach nur 25 km rollen wir wieder hinunter und verschwinden im Wald. Dafür geht es die nächsten 50 km tendenziell bergab oder eben dahin, so dass wir heute noch ein gutes Stück schaffen.

28.06.2011

-VILDMARKSVÄGEN/ S

 

STRECKE: 90 KM

HÖHENMETER: 961 M

 

SUNSET: 00:07 UHR

SUNRISE: 01:48 UHR

Kühles Bad

Rückblickend können wir heute immer wieder die Berge sehen von denen wir uns schon wieder entfernen. Der Wald ist hier sogar irgendwie schöner als bisher. Er ist etwas lichter, die Bäume kleiner und der Boden mit Flechten und Moosen bedeckt. In der Pause treffen wir 2 Reiseradler aus der Schweiz, mit denen wir uns ein wenig verquatschen. Sie haben ähnliche Pläne wie wir. Wir verabschieden uns, sind uns aber sicher, dass wir uns noch einmal wiedersehen. Am Nachmittag wird es immer wärmer. Es ist schwül warm. Die letzten Kilometer rollen aber gut langhin. So langsam bekommen wir auch ein Auge für schöne Plätzchen für unser Zelt. Nach einer etwas längeren Suche haben wir eins am See gefunden. Carsten verspricht mir, sich heute auch mal ins Wasser zu wagen. Wir sprinten beide aus dem Zelt in den See. Das Wasser ist sehr kalt, belebt aber unglaublich und es ist ein wunderbares Gefühl. Danach geht es wieder blitzartig ins Zelt, damit wir wenig Nahrung bieten für unsere kleinen "Freunde". Geschafft und frisch schlafen wir heute ein.

29.06.2011

-SORSELE/ S

 

STRECKE: 72 KM

HÖHENMETER: 624 M

 

SUNSET: 00:05 UHR

SUNRISE: 01:40 UHR

Es könnte so schön sein...

Die Sonne treibt uns aus dem Zelt. Es ist so warm aber wir müssen uns dennoch lange Sachen überziehen, wegen der Fliegen und dem Geschwirr um uns herum. Dadurch schwitzen wir noch mehr. Wir schlingen nur schnell unser Müsli hinter, packen so schnell, wie es nur geht, alles zusammen und schwingen uns auf die Räder. Wir atmen auf, als uns der Fahrtwind entgegen bläst und damit die Hitze und die lästigen Fliegen vertreibt. Nur auf dem Fahrrad ist Schwedens Natur gerade erträglich. Bloß nicht anhalten. Es bewahrheitet sich leider, dass Richtung Norden die Insektenplage aus verschiedensten Stechmücken und nervenden Fliegenschwärmen immer mehr zu nimmt. Es gibt kein Entkommen. Sobald man stehen bleibt, ist man nach kurzer Zeit umschwärmt von diesen Viechern. So ist es zur Zeit am schönsten auf dem Rad, solange man fährt. Automatisch werden so die Tagesstrecken länger. Aber das macht nichts. Die Ereignisabstände sind relativ groß in Nordschweden, so dass es von Vorteil ist, größere Strecken zurückzulegen. Nach 3 Nächten Wildcampen freuen wir uns heute sehr auf einen richtigen Campingplatz, der uns jetzt überaus luxuriös erscheint.

01.07.2011

-ARVIDSJAUR/ S

 

STRECKE: 88 KM

HÖHENMETER: 581 M

 

SUNSET: 23:56 UHR

SUNRISE: 01:36 UHR

Borealer Wald  

Wir kommen nur schwer in die Gänge. 11.30 Uhr entschließen wir uns dann doch weiter zu fahren. Die Tageszeit spielt hier kaum eine Rolle. Es ist den ganzen Tag hell. Nachts kann man nur schwer schlafen, weil sich das Nachtgefühl einfach nicht einstellen will. Zum Glück ist es wieder kühler geworden, so können wir es wenigstens im Zelt aushalten. Ab heute folgen wir der E45. Eine von zwei Hauptverkehrsadern, die Richtung Norden führt. Aber selbst auf dieser Straße ist kaum Verkehr. Die 80 km nach Arvidsjaur haben schon etwas meditatives. Die Landschaft borealer Wald begleitet uns auf dem gesamten Weg in seiner gleichbleibenden Schönheit. Wir freuen uns schon fast über die Autos, die ein bisschen Abwechslung ins Bild bringen. Auf halber Strecke treffen wir auf einen Ministau. Eine Rentierherde hat es sich an der Straße gemütlich gemacht. Die Straße wird gleich mit in Beschlag genommen. Vor den Autos haben sie wenig Respekt und bewegen sich nur, wenn überhaupt, in einer Gemütsruhe zur Seite. Nur vor uns haben sie mehr Respekt und machen zügig Platz. Die Tiere sind schon sehr niedlich mit ihrem tapsigen Gang auf breiten Hufen. In Arvidsjaur suchen wir wieder einen Campingplatz auf. Das Beste daran ist, dass fast alle Plätze eine Küche mit Aufenthaltsraum haben. Von uns auch liebevoll Mückenschutzraum genannt, in dem wir uns sofort nach dem Zeltaufbau verschanzen können, wenn es ganz hart kommt. Also eigentlich jedes Mal ;-).

02.07.2011

-JOKKMOKK/ S

 

STRECKE: 168 KM

 

ZEIT AUF DEM RAD:

9:56 H

 

HÖHENMETER:

CA. 1000 M

 

WIND: G 1-2

 

SUNSET: -

SUNRISE: -

MITTERNACHTSSONNE!

168 auf einen Streich

Als wir starten, regnet es noch leicht. Wir radeln einfach drauf los, ohne zu wissen, wo wir heute landen. Plötzlich hupt es etwas verhalten hinter uns. Ich höre Anna rufen: "Carsten, bleib doch mal stehen." Ein junger Norweger  steigt aus seinem Auto mit 2 Cola Flaschen in der Hand und schenkt uns die mit den Worten "Dem nächsten Paar, das ich mit Rad sehe, wollte ich die geben". Wir sind im ersten Moment etwas perplex über diese überraschende Geste, bedanken uns, machen noch einen kurzen Schwatz und weg ist er wieder. Mehr ereignet sich nicht mehr. Wir fahren, fahren und fahren. Zählen Autos und Caravanmarken. Vereinzelte Rentiere an der Straße erfreuen uns immer wieder. Die Straße geht auf und ab. Der Wald ist nach wie vor sehr schön. Lichtungen und die Hoffnung noch einen Elch zu sehen, halten uns bei Laune. Wir hatten schon mehrfach überlegt, mal zu testen, wo unsere Grenze kräftemäßig inzwischen liegt und entschließen uns heute, noch zu versuchen, bis Jokkmokk zu kommen. Die Kilometer vergehen. Zum Abend wird das Wetter noch richtig schön. 19.00 Uhr setzt Anna ihre Sonnenbrille auf. Nach 120 km werden unsere Vorräte langsam knapp. Wir essen zu viel (ca. aller 20-30 km). Kurz vor Jokkmokk passieren wir den Polarkreis gegen 23.00 Uhr. Nach 168 km und fast 10 Stunden auf dem Rad sind wir in Jokkmokk. Wir sind geschafft, gefühlt wären aber auch noch ein paar Kilometer drin gewesen (für Carsten). Schnell noch was essen, dann fallen wir geschafft gegen 2.30 Uhr ins Bett. Die Sonne hat vor einer Stunde ihren tiefsten Punkt erreicht und steigt schon wieder nach oben. Wir haben Mitternachtssonne.

04.07.2011

-GÄLLIVARE/ S

 

STRECKE: 107 KM

HÖHENMETER: 709 M

 

MITTERNACHTSSONNE

 

Strecke machen

Es gibt nicht viel zu sehen, also lautet das Motto: „Strecke machen“. In Schweden werden wir noch zu richtigen Streckenradlern. Unter 100 km geht nichts mehr am Tag und das auch noch auf einer Hauptverkehrsstraße. Das ist eigentlich nicht unser bevorzugter Stil aber es bleibt uns hier nichts anderes übrig. In Norwegen gibt es nur eine Straße die E6 Richtung Norden und in Schweden zwei. Die E6 in Norwegen wollen wir uns nun nicht zweimal antun, obwohl sie landschaftlich sicherlich reizvoller ist. Auf der E45 geht es wenigsten noch mit dem Verkehr. Die Hoffnung auf dieser Straße noch einen Elch zu erblicken, haben wir inzwischen aufgegeben. So heißt es nun für uns "Auf den Aerolenker legen und Stecke machen, bis es wieder schöner wird". So treffen wir zügig in Gällivare ein. Der Ort wirkt auf den ersten Blick relativ groß. Vor einigen Jahrzenten war es auch noch ein bedeutender Ort, als der Erzabbau boomte. Das Erz ist inzwischen Weg. Geblieben sind viele leerstehende Häuser. Auf dem Zeltplatz treffen wir Harald und unser Schweizer Pärchen wieder. Der Platz bietet im Preis inklusive eine Sauna. Es ist zwar nicht so kalt aber nach über einem Jahr gönne ich mir trotzdem einen Gang.

05.07.2011

-VITTANGI/ S

 

STRECKE: 105 KM

HÖHENMETER: 538 M

Ø: 20,46 KM/H

WIND: R 1-2

 

MITTERNACHTSSONNE

 

 

Mehr als 20

Wir werden immer besser. Heute schaffen wir es sogar, die magische Grenze von 20 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit zu durchbrechen und das auf einer Strecke von über 100 km mit ein paar Höhenmetern. Streckenweise hatten wir zwar auch ein bisschen Rückenwind aber eigentlich Schuld daran, sind die schon mehrfach erwähnten Umgebungsvariablen. So können wir wenigstens ein paar sportliche Akzente setzen. Die E45 hat sich heute auf 50 km mit der E10 vereint zu unserem Leidwesen. Das Verkehrsaufkommen war deutlich höher. Erst als die E45 wieder abzweigte, sind die meisten zum Glück auf der E10 Richtung Lofoten geblieben. Wir treffen inzwischen jeden Tag andere Reiseradler. Richtung Norwegen werden es sicher immer mehr. Unser Ziel erreichen wir in Rekordgeschwindigkeit. Der Zeltplatz will uns auch gleich zum nächsten (ca. 100 km entfernt) weiter schicken, weil es wohl ein Problem mit dem Wasser gibt. Noch einen Rekord wollten wir eigentlich nicht aufstellen. Wir schauen enttäuscht und müde. Der Mann erkennt wohl unsere Lage und bietet uns eine Hütte an, in der wir die Küche und das Bad nutzen können. Geschlafen wird im Zelt. Juhu, das ist doch sowieso die beste Lösung.

06.07.2011

-KARESUANDO/ S

 

STRECKE: 104 KM

HÖHENMETER: 491 M

 

MITTERNACHTSSONNE

Langeweile

Der MP3 Player ist heute unsere Rettung, sonst wären wir vor Langeweile vom Rad gefallen. Eigentlich ist alles wie immer. Nur heute haben wir auch noch Gegenwind, der einem das Gefühl vermittelt, auf der Stelle zu treten. Seit ca. 1000 km hat sich das Landschaftsbild nicht wirklich verändert. Die Aufmunterung durch vereinzelte Rentiere ist auch viel zu selten. Heute kommt uns einmal ein Tier entgegen gerannt und eins rennt weg. Dabei läuft oder tapst das Tier auf der Straße und schaut immer wieder nach links oder rechts, bis es eine geeignete Stelle gefunden hat, in den Wald abzubiegen. Bevorzugt werden Wege ;). Da wir nur einen MP3 Player haben, einigen wir uns so, dass der, der ihn hat, vorne fährt. Ich habe Anna noch nie so gerne vorne fahren sehen und so erreichen wir doch relativ zügig Karesuando und damit das Ende von Schweden für uns.

08.07.2011

-PALOJÄRVI/ F

 

STRECKE: 95 KM

HÖHENMETER: 536 M

 

MITTERNACHTSSONNE

Zu flach

Wir fahren über die Brücke und sind in Finnland. Ein neues Land ist immer erst mal spannend. Die Spannung löst sich aber schnell, denn viel ändert sich nicht. Es ist schwer zu beschreiben aber irgendetwas hat diese Monotonie auch. Die Ablenkungen sind gering. Wir können uns ganz auf das Radfahren konzentrieren und die Gedanken schweifen lassen. Die Erwartungen sinken. Wir freuen uns über jede kleine Veränderung oder Abwechslung. Was steht noch mal so schön in unserem Reiseführer "Nicht viele Radreisende verirren sich bis nach Nordschweden. Zu groß erscheinen die Distanzen, zu weiträumig und relativ reizarm die Landschaften. Wald und Moor beherrschen große Abschnitte. Wer sich damit anfreundet, dass die Landschaft sich nur langsam verändert und sonst nicht viel passiert, dem eröffnet Norrland den "Taste of Adventure"..." Uns ist einmal mehr klargeworden, dass wir Berge lieben. Schweden und Finnland sind einfach zu flach, auch wenn es ständig leicht hoch und runter geht. Richtig einsam war es dann auch nicht, da auf den wenigen Straßen auch immer mehr oder weniger Verkehr ist. Die Zeit der Tage an denen wir 100 und mehr Kilometer fahren, weil die Gegend nicht zum Anhalten und Verweilen einlädt, ist hoffentlich bald vorbei.

 

 

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